BEM – Mit Mediation Konflikten vorbeugen

BEM – Mit Mediation Konflikten vorbeugen

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Mit einer Mediation Konflikten vorbeugen!

Es ist gesetzlich vorgeschrieben: Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführen. Hier vereinbart das Unternehmen mit dem betroffenen Mitarbeiter individuelle Maßnahmen, die helfen, die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen und weiteren Erkrankungen vorzubeugen. „Vor allem bei der Eingliederung von langzeiterkrankten Mitarbeitern ist hier absolutes Fingerspitzengefühl gefragt“, weiß die Münchner BEM-Expertin Angela Huber. Sie rät in solchen Fällen zu einer Mediation.

Waren die Kollegen am Anfang der Krankheitsphase noch verständnisvoll, so häuft sich im Laufe der Zeit meist Unmut an. „Die Arbeit des fehlenden Mitarbeiters muss schließlich aufgefangen werden, Mehrarbeit und Überstunden lassen die Stimmung schnell kippen“, erklärt Angela Huber. Um bei der Rückkehr des langzeiterkrankten Kollegen Verständnis füreinander herzustellen und den Erfolg der Eingliederung zu sichern, rät die Expertin zu einer Team-Mediation. Dies bedeutet: Eine neutrale Person vermittelt zwischen zwei Konfliktparteien. „Mediatoren sind besonders geschulte und unabhängige Vermittlungspersonen, die die Parteien dabei unterstützen, Streitpunkte zu identifizieren und Lösungen zu erarbeiten“, erklärt die Expertin. Sie weiß: „Im Konflikt sind Menschen blind für eine Lösung – durch Mediation gewinnen sie Klarheit.“ Zudem öffnen sich Betroffene gegenüber einer neutralen Person schneller, da sie keine Angst vor deren Reaktion haben.

Mediation reduziert Konfliktkosten

Und Konflikte kosten dem Unternehmen Geld – vor allem durch die verlorene Arbeitszeit. Ärgern sich zwei Mitarbeiter über eine Stunde lang über ihren Kollegen, der nach einer längeren Erkrankung zurückkehrt und noch nicht voll einsatzfähig ist, sind hier bereits zwei Stunden für den Konflikt aufgewandt worden. Beklagen sie sich darüber auch bei dem Vorgesetzten für 30 Minuten, haben alle drei insgesamt weitere 1,5 Stunden für den Konflikt aufgewendet. „Wenn die Stunde des Vorgesetzten das Unternehmen intern 100 Euro kostet und die der Arbeitnehmer 50 Euro, so sind hier bereits Kosten in Höhe von 200 Euro entstanden“, erklärt Angela Huber. Ärgert sich der Vorgesetzte anschließend noch 30 Minuten über den Vorfall und kommt deshalb 15 Minuten zu spät zu seinem Anschlusstermin, so entstehen weitere Kosten: 50 Euro für die halbe Stunde des Vorgesetzten und 15 Minuten Wartezeit pro anwesendem Teilnehmer des Meetings, in diesem Fall zehn Führungskräfte mit einem Stundensatz von 80 Euro. Das bedeutet weitere 200 Euro Konfliktkosten.

Damit ist aber der Konflikt noch nicht beendet – und der Eingliederungserfolg des erkrankten Mitarbeiters erheblich gefährdet. „Hier hilft eine Mediation“, erklärt die Expertin. „Schließlich wollen beide Seiten gehört und verstanden werden. Der erkrankte Mitarbeiter, der vielleicht nur bei zwei Handgriffen übergangsweise noch Unterstützung braucht, und das Team, das wissen möchte, ob und wann der Kollege auf Dauer wieder einsatzfähig ist. Sind Klarheit und Verständnis füreinander geschaffen, kann man sich wieder auf die Arbeit und muss sich nicht auf den Konflikt konzentrieren.“ Für Angela Huber ist das Handwerkszeug der Mediation unverzichtbar. Ziel des Unternehmens ist es schließlich, den kranken Mitarbeiter bei seinem Genesungsprozess zu unterstützen und einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen. Hier ist es notwendig, den Betroffenen – ob erkrankten Mitarbeiter oder auch dem Team – wertneutral zuzuhören und bestehende Konflikte zu überwinden.

Aus der Praxis

In einem mittelständischen Friseursalon gab es seit längerem einen Konflikt zwischen der Meisterin und einer 18-jährigen Auszubildenden. Die Meisterin war äußerst unzufrieden mit der Arbeitsweise ihrer Mitarbeiterin und verärgert über ihre langen, krankheitsbedingten Fehlzeiten. „Die schnippischen Bemerkungen der Auszubildenden brachten das Fass schließlich zum Überlaufen“, berichtet Angela Huber. In einer dreistündigen Mediation gelang es ihr, hinter die Kulissen zu blicken und den Konflikt zu entschärfen.

Es stellte sich heraus, dass die Auszubildende aufgrund einer schweren Erkrankung ihrer Mutter häufig zu spät zur Arbeit erschienen und nervlich stark angeschlagen war. Dies führte zu immer mehr krankheitsbedingten Ausfällen. Durch die strengen Zurechtweisungen verschloss sie sich immer mehr, hatte mittlerweile Angst vor ihrer Chefin und machte so zunehmend Fehler. Außerdem befürchtete sie ein schlechtes Ausbildungszeugnis zu bekommen. Die Friseurmeisterin dagegen fühlte sich provoziert und bezog die Fehlzeiten der 18-Jährigen auf sich persönlich. Durch die unzuverlässige Arbeitsweise ihrer Mitarbeiterin hatte sie Angst, Kunden zu verlieren und reagierte immer aggressiver. Die bisherigen Versuche, den Konflikt in direkten Gesprächen beziehungsweise Verhandlungen zu lösen, scheiterten. Die Auszubildende hatte zu große Angst und versteckte sich hinter ihren Krankheiten, die Meisterin hatte das Gefühl, sie rede gegen eine Wand.

„In der Mediation gelang es, die jeweiligen Bedürfnisse klar zu formulieren und Verständnis für die Situation der Anderen herzustellen“, sagt Angela Huber. Mittlerweile arbeiten die beiden Frauen gut zusammen. Die heute 19-Jährige beendete ihre Ausbildung mit Erfolg und wurde vom Friseursalon sogar in eine Festanstellung übernommen.

(Quelle: unternehmer.de  | Autorin: Bettina Maier)

BEM – Betriebliches Eingliederungsmanagement

BEM – Betriebliches Eingliederungsmanagement

Von der Arbeitsunfähigkeit zur Beschäftigungsfähigkeit

Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten. Das BEM dient dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und ist ein Instrument, um den Folgen des demographischen Wandels wirksam zu begegnen. Gleichzeitig sichert das BEM durch frühzeitige Intervention die individuellen Chancen den Arbeitsplatz zu behalten.

Gesetzlich verankert ist das BEM in § 84 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dort ist festgelegt, dass ein Arbeitgeber alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten hat. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber klären muss, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.“ Wie diese Klärung im Detail auszusehen hat, gibt § 84 Absatz 2 SGB IX bewusst nicht vor. In jedem Betrieb und in jeder Dienststelle sind angemessene individuelle Lösungen zu finden. Gesetzlich vorgegeben ist – bei Zustimmung des Betroffenen – lediglich die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung der Beschäftigten (Betriebs- oder Personalrat), bei schwerbehinderten Beschäftigten außerdem die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Weiter sollen der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen werden, wenn dies erforderlich ist. Soweit für die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung erneuter Erkrankung Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen, soll der Arbeitgeber außerdem die örtlichen Gemeinsamen Servicestellen der Rehabilitationsträger, oder – bei schwerbehinderten Menschen – das Integrationsamt beteiligen.

Ein erfolgreiches BEM entlastet die Sozialkassen (etwa durch die Vermeidung von Krankengeldzahlungen oder Erwerbsminderungsrenten) und kann einen Beitrag dazu leisten, die Beschäftigungsfähigkeit insbesondere älterer Menschen dauerhaft zu sichern.

Für den Arbeitgeber rechnet es sich, weil es die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten fördert, Fehlzeiten verringert und damit Personalkosten senkt. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das BEM aber auch ein wichtiges Instrument, um das krankheitsbedingte Ausscheiden von Beschäftigten zu verhindern.

Für die betroffenen Beschäftigten selbst ist BEM ein Angebot, das vor Arbeitslosigkeit oder Frühverrentung schützen kann. Beim BEM wird oftmals im Laufe des Verfahrens eine angemessene Beschäftigungsmöglichkeit entdeckt und Hilfen ausfindig gemacht, mit denen die Arbeitsunfähigkeit überwunden und damit die (Weiter-) Beschäftigung gesichert werden kann. Zum BEM gezwungen werden die Beschäftigten nicht. Die Teilnahme ist immer freiwillig.

BEM und Kündigungsschutz

Inzwischen ist das BEM Gegenstand zahlreicher (vor allem arbeits-) gerichtlicher Entscheidungen geworden. Das Bundesarbeitsgericht hat die kündigungsschutzrechtliche Bedeutung des BEM herausgearbeitet (Vergl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08). Demnach ist die Durchführung eines BEM zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, ein BEM durchzuführen, stellt aber eine Konkretisierung des dem gesamten Recht des Kündigungsschutzes innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Denn das BEM hat das Ziel, Maßnahmen zu identifizieren, die ein milderes Mittel gegenüber einer Kündigung darstellen (etwa die technisch / organisatorische Umgestaltung des Arbeitsplatzes, eine stufenweise Wiedereingliederung). Verzichtet ein Arbeitgeber – entgegen seiner Verpflichtung nach § 84 Absatz 2 SGB IX – vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung darauf, diese milderen Alternativen zu einer Kündigung zu identifizieren, liegt bei ihm die Beweislast, dass auch bei Durchführung eines BEM das Arbeitsverhältnis nicht hätte erhalten werden können. Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber der vor der krankheitsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers kein BEM durchführt, einem erheblichen Risiko ausgesetzt ist, einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess zu verlieren.

Untersuchungen zum Stand der Umsetzung des BEM in den Betrieben machen deutlich, dass noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht in Bezug auf die Qualität der Durchführung des BEM. Stichworte sind vor allem die ausreichende Information der Betroffenen, die Transparenz des Verfahrens insgesamt und der Datenschutz. Ein besonderes Umsetzungspotential besteht noch bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Das BMAS hat in zahlreichen Projekten, die durch den Schwerbehinderten-Ausgleichsfonds gefördert wurden, Wege aufgezeigt, wie das BEM in KMU etabliert werden kann.

(Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales) Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Link zur Startseite)